Helen Henning …

… passte haargenau ins alte Jugendbett, den Kopf an die Wand gedrückt, an der noch immer der Starschnitt von Whitney Houston neben U2 hing, und den Fuß gegen das untere Brett gestemmt, die Pistole auf dem Bauch. Sie lag reglos da, blickte zur Decke und hörte dem Haus beim Atmen zu.
Nachdem sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte sie ein sanftes, grünes Schimmern, das den Raum erfüllte und ihr unglaublich vertraut vorkam. Umständlich drehte sie sich auf die Seite und sah zwölf Gespenster einen wilden Totentanz auf dem Türblatt aufführen. Ihre aufgeklebten Körper fuoreszierten grünlich.
»Hast du auch den Knochenindianer? Den mit den Federn?« Ralfs Stimme durchbricht die Stille. Sie geht mit dem Sommerspross in die erste Klasse. Helen springt von der Schaukel und stellt ihren Fuß auf den Rand des Sandkastens. Sie hat keine Schuhe an, ihre Biene-Maja-Socken sind ganz sandig. Erst jetzt bemerkt sie, dass es ihr rechter Fuß ist. Dieser Kinderfuß. Sie greift in die Socke und zieht vier Gespensteraufkleber heraus, reiht sie auf dem Holz des Sandkastens fein säuberlich auf. Ihre Trophäen.
»Den hab ich zwei Mal«, sagt sie stolz. »Du gibst mir das Schlossgespenst und ich dir den Skelettindianer.«
»Kannst du haben. Aber ich wette, du kriegst niemals alle. Niemals.«
»Wetten doch. Bisher ist mir noch keiner entkommen. Ich kriege sie alle, glaub mir.«
Ralfs Lächeln verschwindet, weicht einem grotesken Grinsen. Er bückt sich, greift aber nicht die Gespenster, sondern unter die Holzumrandung des Sandkastens.
»Ich glaube nicht«, sagt er, und er ist ein erwachsener Mann. Ein anderer Mensch.
Er zielt mit einer Pumpgun auf sie, und Helen starrt in sein Gesicht und gleitet … glitt – ohne sich dessen bewusst zu sein – durch die Zeit und in einen jener Träume, in denen sie sich nichts als Dunkelheit wünschte. Beruhigende Dunkelheit.